Die Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen ist kein deutsches, sondern ein gesamteuropäisches Problem. Während die Frauenquote ein wichtiger Hebel ist, braucht es auch einen kulturellen Wandel – insbesondere in traditionell geprägten medizinischen Fachbereichen.
Ein großes Klinikum, Maximalversorger, beauftragt uns mit der Besetzung einer Chefarzt (m/w/d)-Position in der Orthopädie & Unfallchirurgie. Nach sorgfältiger Suche präsentieren wir eine hochqualifizierte Kandidatin und empfahlen ihre Einladung zum Vorstellungsgespräch. Die überraschende Rückmeldung des Auftraggebers: „Bitte suchen Sie weiter, wir setzen die Kandidatin erstmal auf ‚Hold‘ – wir möchten gerne einen Mann sehen.“ – Wie geht man damit um?
In unseren Verträgen verpflichten sich sowohl wir als auch unsere Kunden zur Einhaltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Daher arbeiten wir bei der Kandidat:innenauswahl geschlechtsneutral.
In diesem konkreten Fall werden wir:
Auch wenn Widerstände bleiben – jede geöffnete Tür für eine Bewerberin ist ein kleiner Schritt hin zu mehr Chancengerechtigkeit. Doch echte Veränderung erfordert gemeinsame Anstrengungen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
Ein strukturelles Problem – und eine Verantwortung, die wir alle tragen
Der beschriebene Fall ist kein Einzelfall. In der ärztlichen Spitzenpositionen, insbesondere in chirurgischen Fächern, liegt der Frauenanteil trotz hoher Qualifikation und Engagement weiterhin weit unter dem Durchschnitt. Dies hat nicht nur mit individuellen Vorbehalten zu tun, sondern mit gewachsenen Strukturen, tradierten Rollenbildern und einer Unternehmenskultur, die sich häufig noch schwer tut mit echter Vielfalt in der Führung.
Was also tun – über den Einzelfall hinaus?
Als Personalberatung sehen wir uns in der Verantwortung, nicht nur zu vermitteln, sondern auch aufzuklären und zu begleiten. Unsere Aufgabe endet nicht bei der Präsentation von Lebensläufen. Vielmehr verstehen wir uns als Brückenbauer – zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Haltung und Handlung.
Konkret bedeutet das:
Es braucht mehr als guten Willen
Der Wille zur Veränderung reicht nicht aus – es braucht klare Zielsetzungen, Verbindlichkeit und ein Umdenken auf allen Ebenen. Arbeitgeber im Gesundheitswesen, insbesondere große Kliniken, sollten sich fragen: Welche Signale senden wir an unsere Bewerber:innen? Welche Strukturen fördern oder behindern Geschlechtergerechtigkeit? Wie konsequent leben wir Gleichstellung in unseren Auswahlprozessen?
Wir werden weiterhin für geschlechtergerechte Auswahlprozesse einstehen. Nicht, weil es gerade en vogue ist, sondern weil es fair, richtig und notwendig ist. Und weil unsere Gesellschaft – insbesondere in einem so zentralen Bereich wie dem Gesundheitswesen – die besten Führungskräfte verdient. Unabhängig von ihrem Geschlecht.
Denn am Ende geht es nicht nur um eine einzelne Bewerbung. Es geht um Vorbilder, um Gerechtigkeit und darum, wie wir als Gesellschaft mit Potenzial umgehen – heute und in Zukunft.